Kassem Taher Saleh wuchs als irakischer Flüchtling in Sachsen auf. Nun sitzt er für die Grünen im Bundestag und hält engen Kontakt zur alten Heimat.
Vater und Mutter warnten vor der Politik. Nun steht Saleh vor seinem Wahlkreisbüro und die Eltern sind stolz Foto: Foto: Roger HagmannAn einem Abend im Oktober macht Kassem Taher Saleh einen Ausflug in sein altes Leben. Er beginnt auf dem Sportplatz von Wacker Plauen. Dienstag, 18 Uhr, die Herrenmannschaft trainiert. Es ist dunkel, die Spieler stehen im Flutlicht. Taher Saleh hat sich nicht angekündigt. „Die kennen mich hier alle noch“, sagt er.
In Plauen hat die Nazipartei Dritter Weg ihre Zentrale und unterhält ein Stadtteilzentrum. 2021 klebte sie Plakate mit der Aufschrift: „Hängt die Grünen!“ Gerade eben erst, Anfang November, weigerte sich ein Amtsrichter, deswegen ein Verfahren gegen den Dritten Weg zu eröffnen. Der Schwatz auf dem Fußballplatz ist gewissermaßen das Aufwärmen für einen Termin am nächsten Tag. Wegen dem ist Taher Saleh eigentlich hier. Der Krisenstab der Stadt Reichenbach sieht die Energiepreise nicht so locker wie der Fußballtrainer. In einem offenen Brief an Robert Habeck fordert er „bedingungslose Versorgungssicherheit“ und Verhandlungen mit Russland.
Kurz danach brach Corona aus. Deshalb bestand seine Parteikarriere zunächst vor allem aus Zoom-Calls. Schon nach einem Jahr geriet er auf die Landesliste. „Natürlich gibt es da Neid. Manche fragen: ‚Warum mache ich das seit Jahren hier, wenn Kassem sofort in den Bundestag kommt?‘ “ Taher Saleh erzählt von der Dreier- und der Sechserrunde der Koalition und davon, wie Habeck übel mitgespielt worden sei mit der Gasumlage: „Die FDP macht immer schon abgesprochene Sachen wieder auf, das ist extrem kraftraubend.“
Das Asylbewerberheim, in dem Taher Saleh seine Jugend verbrachte, liegt in einer alten Kaserne im Westen Plauens. Fünf Jahre lebte Taher Salehs Familie hier, sechs Personen in drei Zimmern im ersten Stock. Deutschunterricht gab ihnen eine Ehrenamtliche im Keller, auch sie eine Grüne. Für seine Eltern sei das Leben in der Asylunterkunft hart gewesen. „Man kommt, spricht die Sprache nicht, hat keinen Alltag. Ich hatte schon Alltag, mit Schule und Fußball. Aber meine Eltern haben gelitten ohne Ende, hatten Depressionen.“ Sein Bruder habe Medikamente gebraucht, ihm ging es psychisch so schlecht, dass die Familie 2008 in die Wohnung ziehen durfte, in der sie heute noch lebt, obwohl ihr Asylantrag noch gar nicht durch war.
Die Westseite der Altstadt liegt auf einem Höhenzug mit Blick auf die waldigen Hügel des Vogtlands. Seine Eltern hätten immer betont, wie schön es in der Region sei. „Die waren happy, dass wir nicht in einer größeren Stadt gelandet sind, wegen Drogen und so.“ „Nichts gemerkt. Ich mache das nur punktuell, das entspannt mich“, sagt Taher Saleh. Dann erzählt er von der geplanten Legalisierung: „Nächstes Jahr können wir den ersten legalen Joint rauchen.“Anders als in Reichenbach, wo Taher Saleh am selben Tag noch den aufgebrachten Krisenstab besänftigen will, der einen Wutbrief an Robert Habeck geschickt hat.
Der Fabrikant sagt, dass es „im Lebensmittelbereich sehr kritisch“ sei. „Da können manche nächstes Jahr dicht machen.“ Das „Hüh und Hott“ der Koalition habe „extrem genervt. Wir fühlen uns nicht mitgenommen“. Und warum werde ignoriert, dass Fachleute sagen, dass der Weiterbetrieb der AKWs sinnvoll sei?
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