Netzpolitischer Wochenrückblick: Das EU-Parlament beschäftigte sich mit der Chatkontrolle. Wir veröffentlichen dazu ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags
. Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen. Der Tenor: Die Pläne zur Chatkontrolle wären ein unverhältnismäßiger Eingriff in unsere Privatsphäre. Noch dazu ist vollkommen unklar, wie es überhaupt funktionieren soll, Darstellungen sexualisierter Gewalt und Kontaktanbahnungsnachrichten zuverlässig aufzuspüren.
Ob die krassen Grundrechtseingriffe wirklich etwas bringen würden, ist mindestens fraglich. Noch dazu schränkt die Chatkontrolle selbst diejenigen minderjährigen Nutzer:innen ein, die sie eigentlich schützen will. Indem potenziell auch ihre private Kommunikation durchleuchtet wird und dann vielleicht Familienfotos vom Strand potenziell als strafbare Darstellungen erkannt werden. Gerade Kinder und Jugendliche brauchen vertrauliche Kommunikationswege.
Mich verärgert es, dass die Kommission in die Grundrechte aller eingreifen will und gleichzeitig Kinder- und Jugendschutz an vielen anderen Stellen vernachlässigt wird. Mich verärgert es, dass wir vor allem über die Chatkontrolle reden, während es viele direkte Maßnahmen gäbe, um den Kinder- und Jugendschutz zu stärken. Ganz ohne Eingriff in die private Kommunikation aller.
Die EU-Kommission sollte ihren Gesetzentwurf zurückziehen. Es wäre das Konsequenteste. Die Kritik ist so zahlreich – ich glaube kaum, dass sie mit ein paar Beschränkungen hier und ein bisschen Kontrolle da geheilt werden kann. Doch momentan wirkt es, als würde die Kommission mit vollem Tempo in falscher Richtung auf der Autobahn rasen, weiter fest davon überzeugt, dass alle entgegenkommenden, lichthupenden Kritiker:innen Geisterfahrende sein müssen.
Den braucht es, dringend. Das zweifelt niemand an. Und gerade deswegen sollten wir nicht in den nächsten paar Jahren weiter eine ablenkende Diskussion über die Gefahren der Chatkontrolle führen müssen, um das grundrechtlich Schlimmste zu verhindern. Sondern über das, was Kinder und Jugendliche wirklich brauchen. Denn es ist höchste Zeit.