Dinçer Güçyeter, Schriftsteller und Gabelstapelfahrer, wird für „Unser Deutschlandmärchen“ ausgezeichnet. Regina Scherer für das beste Sachbuch.
Er flog ja schon seit Wochen, ach, Monaten auf einer Welle der Liebe: Dinçer Güçyeter, vor einem Jahr noch Peter-Huchel-Preisträger, der wichtigsten Auszeichnung hierzulande für Lyrik, für seine Poesie in „Mein Prinz, ich bin das Ghetto“, hat nun auch in Leipzig abgeräumt.
Dinçer Güçyeters Gedichte sind schon gut, nahbar, wie blood, sweat & tears in Versmaßen fein, aber dieses sein Deutschlandmärchen ist von solcher Unmittelbarkeit, dass es einem buchstäblich beim Lesen die Sprache verschlägt: Da erzählt einer, wie schon im taz-Gespräch vom Leben in Nettetal als Gastarbeiterfamilie, vom Leben und Schuften und Am-Leben-Bleiben der Mutter, die im Stahlwerk arbeitet und abends noch auf den Kohlfeldern, um Geld...
Da werden Leiden gelitten und Freuden empfunden, und der Autor, eben Dinçer Güçyeter, berichtet über das Wahrhaftige, das echte Leben, über Sex und wo er fehlt, den sehnenden Frauen vor allem, über die abwesenden Männer und Väter, die Ansprüche der Mutter an den Sohn, die er schließlich gründlich sabotiert, um er selbst zu werden, eben, der Schriftsteller Dinçer Güçyeter.
Er lebt sogar noch in seiner Heimat mit seiner Mutter zusammen, nicht in der gleichen Wohnung – womöglich ihr signalisierend, dass er kein räudiger Mann werden muss, um doch der zu werden, der seine Familie trägt, weil er sie liebt. Dinçer Güçyeter erzählte in seinen Dankesworten, seine Frau Ayşe habe ihn immer ermutigt, auch vor zwölf Jahren, als er mit seinen spintisierenden Ideen vom eigenen Verlag, von eigenen Geschichten und Gedichten glaubte zu scheitern. Sie haben gesagt, mach weiter, glaub an dich, denn, auf diese Pointe kommt es an, „wir haben noch genug Nudeln im Schrank“. Wer dieses drastische Sprachbild nicht versteht, muss auch „Unser Deutschlandmärchen“ nicht lesen.
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