Sri Lanka kein Einzelfall?: 'Zahlungsprobleme auf Chinas Kredite kommen erstaunlich oft vor'
Herr Trebesch, Sie haben zuletzt eine Studie veröffentlicht: Darin geht es um die Frage, wie China Entwicklungsländer finanziert. Heraus kam, dass viele dieser Länder möglicherweise schon bankrott sein könnten. Zuletzt traf es zum Beispiel Sri Lanka. Das klingt überraschend. Hätte die Öffentlichkeit das nicht mitbekommen müssen?
An sich schon. Private Gläubiger würden um so etwas eine Menge Wind machen, und auch Ratingagenturen würden Alarm schlagen. Das sieht man zurzeit etwa im Kontext der russischen Staatsanleihe, die von privaten Investoren gehalten werden.Chinas Staatsbanken vergeben Kredite unter dem Radar. Bei Zahlungsausfällen bekommt die Öffentlichkeit daher nicht viel davon mit.
Ja, und auch die Ratingagenturen kriegen das dann nicht mit. Wir zeigen, dass es in den vergangenen 20 Jahren fast 100 Fälle solcher Art gab, in denen China eine Umschuldung vorgenommen hat. Da werden dann zum Beispiel Kredite mit Zahlungsziel 2022 auf 2027 gestreckt. Man kann sagen: China ist mittlerweile der mit Abstand wichtigste Akteur in Schuldenkrisen von Entwicklungsländern.
Bei fast 100 Umschuldungen scheint das Risiko doch ziemlich hoch zu sein. Wo liegt denn das strategische Interesse von China, wenn es nicht Geld ist? Hier kann ich nur jedem das Buch "The Long Game" von Rush Doshi empfehlen. China strebt eine enge wirtschaftliche Integration mit Ländern Asiens, Afrikas und Südamerikas an. Die kommunistische Partei spricht von einer "Schicksalsgemeinschaft" mit China im Zentrum. Aber das ist nichts Neues. Aufstrebende Mächte haben schon immer versucht, die Länder in der Peripherie an sich zu binden.